Türen in Flucht- und Rettungswegen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen. Die Ausstattung einer Tür nach DIN EN 179 als Notausgangsverschluss mit einer Einheit aus Schloss und innenseitigem Drücker ist für Personen mit Kenntnissen im Umgang mit solchen Türen innerhalb des Gebäudes gedacht. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Risiken und Möglichkeiten bei der Anwendung der Normen sowie Hinweise zur Gefahrenabwehr.
Die beiden Produktnormen DIN EN 179 für Notausgangsverschlüsse und DIN EN 1125 für Paniktürverschlüsse gelten seit April 2003 für Flucht- und Rettungswege als europäisch harmonisierte Produktnormen. Sie beschreiben verschiedene Ausstattungsvarianten für den Einsatz an Türen in Rettungswegen. Beide Normen wurden Ende Februar 2004 in die Bauregelliste B aufgenommen und daraus im April 2006 wieder entfernt. Sie sind derzeit baurechtlich nicht eingeführt. Ob Systeme nach DIN EN 179 oder DIN EN 1125 verbaut werden sollen, ist in der jeweiligen Ausschreibung und/oder dem Brandschutz- und Fluchtwegekonzept besonders zu erwähnen. In beiden Normen ist festgelegt, dass die Bauarten der Türverschlüsse als Einheiten geprüft und in Verkehr gebracht werden.
Notausgangsverschlüsse nach DIN EN 179

Für Notausgangsverschlüsse gemäß DIN EN 179 besteht eine solche Einheit aus einer Drückergarnitur oder Stoßplatte mit Vierkant und einem Panikschloss. Türanlagen mit Verschlüssen dieser Bauart sollen so von der Innenseite mit nur einer Bewegung ein sicheres und wirkungsvolles Entkommen sichern, obwohl ggf. vorher Kenntnisse über die Gegebenheiten an der Tür erforderlich sind – so z. B. wenn Notausgänge wie Klassenraum- oder Technikraumtüren ausnahmsweise nach innen öffnen.
Die augenfälligste Besonderheit der Türdrücker nach DIN EN 179 ist, dass das freie Ende des Drückers zur Tür hin abgebogen sein muss. So werden Gefahren wie ein Verletzen durch Anstoßen oder ein Einfädeln und Hängenbleiben der Kleidung an den freien Enden minimiert. Die zur Entriegelung des Verschlusses aufzuwendende Kraft darf 70 N, im Abstand von 100 mm von der Drehachse des Drückers gemessen, nicht überschreiten. Bei dieser Prüfung wird kein zusätzlicher Druck auf das Türblatt ausgeübt.
Panikverschlüsse gemäß DIN EN 1125

Ein Panikverschluss gemäß DIN EN 1125 besteht aus einer horizontalen Betätigungsstange für Türen in Rettungswegen. In Paniksituationen verändert sich die Verhaltensweise von Menschen oder Menschengruppen. Eilen zwei oder mehrere Personen zur Tür, die sich in einem Fluchtweg befindet, ist es möglich, dass die erste Person, die die Tür erreicht, nicht notwendigerweise den Paniktürverschluss öffnen wird, sondern gegen die Türoberfläche drückt, während eine andere oder weitere Person versuchen werden, die horizontale Betätigungsstange mit der Hand oder durch Körperdruck zu öffnen. Das Öffnen der Türanlage muss von der Innenseite der Tür innerhalb einer Sekunde möglich sein.
Der Test erfolgt in zwei Stufen: Stufe 1: Der Türflügel ist frei von äußerer Belastung, dann darf die Auslösekraft maximal 80 N betragen. Stufe 2: Von der Innenseite der Türanlage wird ein Druck von 1.000 N auf das Türblatt ausgeübt. Die Auslösekraft am Panikbeschlag darf dann den Wert von 220 N nicht überschreiten. Die Besonderheit ist, dass die angegebene Auslösekraft an keiner Stelle des Panikbeschlags überschritten werden darf. Bei dem in der Norm beschriebenen Typ A handelt es sich um Panikstangengriffe, die bis zu 150 mm Aufbauhöhe auf dem Türblatt aufweisen dürfen, beim Typ B um sog. Panikdruckstangen, die bis zu 100 mm Aufbauhöhe aufweisen dürfen (s. Abbildung 3).
Planung von Rettungswegen mit den Systemen

Eine Kombination der beiden normativ vorgesehenen Varianten ist möglich. Dazu wird dann der Gehflügel mit einem Verschluss, bestehend aus Schloss und waagerechter Betätigungsstange nach DIN EN 1125, und der Standflügel mit einem Verschluss und Drücker nach DIN EN 179 ausgestattet. Eine solche Tür wird als zweiflügelige Notausgangstür oder einflügelige Panikfluchttür bezeichnet. Eine umgekehrte Anordnung – Panikdruckstange auf dem Standflügel und Drücker auf dem Gehflügel – wird mittlerweile auch eingesetzt.
Bei der Planung von Fluchtwegen mit der Verwendung von Panikstangengriffen ist darauf zu achten, dass sich die lichte Durchgangsbreite durch Stangengriffe bei einflügeligen Türanlagen um bis zu 150 mm, bei Panikdruckstangen um bis zu 100 mm verringert. Bei Notausgangsverschlüssen nach DIN EN 179 wird der jeweilige Drücker jedoch nicht zwingend als einengendes Element berücksichtigt, da er sich bei geöffneter Türanlage außerhalb des lichten Türdurchgangsbereichs befindet.
Beide Normen sind in erster Linie dazu gedacht, ein sicheres Flüchten durch diese Systeme zu gewährleisten. Durch die Möglichkeit, die so ausgestatteten Türen jederzeit zu öffnen, ist natürlich auch eine Gefahr des unbefugten Gebrauchs gegeben. In Kaufhäusern muss z. B. eine sichere Rettung in die Fluchttreppenhäuser oder nach außen jederzeit möglich sein. Gleichzeitig soll jedoch ein Dieb daran gehindert werden, mit seiner Beute unbemerkt nach draußen zu gelangen. In Krankenhäusern oder Tiefgaragen soll unbefugtes und unbemerktes Verlassen oder Betreten des Gebäudekomplexes ebenso verhindert werden.
Zusätzliche Absicherungen gegen unbefugtes Benutzen

Bei der zusätzlichen elektrischen Absicherung von Türen ist zu beachten, dass die ELTVTR nach wie vor gültig ist. Die Berücksichtigung der Europäischen Norm DIN EN 13637 ist möglich und wird empfohlen, da sich damit erweiterte Möglichkeiten nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik eröffnen und diese Norm die ELTVTR nach der Veröffentlichung ersetzen soll.
Diese elektrischen Absicherungen gibt es in vielen Bauarten. Als integrierte Absicherung kann ein Fluchttüröffner als zusätzliches Sperrelement in den Rahmen eingebaut werden. Dieser wird dann auf eine Türzentrale aufgeschaltet. Dient diese Tür auch als Zugangstür, können Steuerelemente wie Kartenleser oder Klingelknopf mit Gegensprechanlage und Kamera zur Absicherung angeschlossen werden. Solche Türzentralen sind als Einheit erhältlich und mit einem Nottaster, einer Alarmsirene und einem Zylinder zur Rückstellung des Alarmzustands oder zur Umstellung in eine Kurzzeitfreigabe ausgestattet (s. Abbildung 1). Im Notfall wird durch das Drücken des Nottasters der Fluchttüröffner stromlos geschaltet, und ein Öffnen der Tür ist über die Betätigung des Drückers oder der Panikstange jederzeit möglich. Wird eine solche Tür dann unbefugt durch die Betätigung des Nottasters geöffnet, ertönt ein Alarmsignal. Als zusätzliches Überwachungsmodul zur Anzeige der Tür (geöffnet oder geschlossen) ist ein Magnetkontakt im Türrahmen und -flügel eine der Überwachungsmöglichkeiten. Bleibt die Türanlage dann über einen längeren Zeitraum geöffnet oder legt jemand einen Gegenstand zwischen Türblatt und Rahmen, um z. B. Helfer einzulassen oder Ware abzutransportieren, kann das unbefugte Offenhalten durch eine Alarmmeldung mit akustischem Signal oder eine entsprechende stille Meldung an die Pförtnerloge angezeigt werden.
Mit einem Riegelschaltkontakt kann eine zusätzliche Verschlussüberwachung erfolgen. Diese Zustandsmeldung wird klassischerweise dann dem Wachdienst oder der Pförtnerloge bei Entriegelung als stiller Alarm gemeldet. Eine Absicherung der Drücker oder Panikstangengriffe ist auch mit sogenannten Türwächtern möglich. Diese werden unter dem Drücker oder dem Panikstangengriff montiert und melden so einen Öffnungsversuch; damit ist eine zusätzliche optische Barriere vorhanden. Panikstangengriffe sind auch mit einer integrierten Alarmierung und Freigabemöglichkeit per Schlüssel auf dem Markt erhältlich. Weitere gängige Varianten sind aufgeschraubte Haltemagnete oder Haltestifte in Kombination mit Türzentralen.
Nachrüstungsmöglichkeiten elektrotechnischer Absicherungen
Eine Nachrüstung mit Feuerschutzabschlüssen im Bestand ist unbedingt mit dem jeweiligen Türenhersteller abzuklären, denn gerade bei der Nachrüstung von Türen gibt es nur begrenzte Möglichkeiten. Wird z. B. ein Fluchttüröffner an einer Feuerschutztür nachgerüstet, verliert diese ihre Zulassung und muss ersetzt werden.
Die Inbetriebnahme solch komplexer elektrischer Verriegelungssysteme mit Türzentralen oder Steuerungseinheiten ist nur von entsprechend geschulten Fachbetrieben auszuführen. Werden die Produkte, die der DIN EN 179 und DIN EN 1125 entsprechen, als rein mechanisch gesicherte Türen an der Außenhaut eines Gebäudes eingesetzt, ist eine Manipulation von der Außenseite möglich. Türverschlüsse gemäß den beiden Normen sind in Bezug auf den Einbruchschutz nur bedingt geeignet. Werden nach der DIN EN 179 noch die Klassen 2 bis 5 getestet, wird bei Paniktürverschlüssen gemäß DIN EN 1125 lediglich die Klasse 2 geprüft. Dabei wird der Türverschluss einer Zugbelastung von 1.000 N in Klasse 2 und von 1.000 N aufsteigend bis 5.000 N in Klasse 5 ausgesetzt. Eine Prüfung der Verschlüsse nach den Klassen ES0/SK1 bis ES3/SK4 (gering bis extrem einbruchhemmend) nach DIN 18257 bzw. DIN EN 1906 erfolgt nicht. Die Beschlagindustrie hat inzwischen nachgebessert und Sicherheitsbeschläge auf den Markt gebracht, die sowohl der DIN EN 179 und DIN EN 1125 entsprechen als auch Widerstandsprüfungen nach DIN 18257 bzw. DIN EN 1906 durchlaufen haben.
Fazit
Die Möglichkeit zur Rettung von Menschenleben muss bei der Herstellung von Bauwerken immer an erster Stelle stehen. Die beiden Normen DIN EN 179 und DIN EN 1125 sind in erster Linie dazu gedacht, ein sicheres Flüchten von Personen zu ermöglichen. Die Kehrseite der Schutzmaßnahmen ist, dass es immer wieder Personenkreise gibt, die versuchen, diese Möglichkeiten durch Manipulationen für ihre Zwecke zu missbrauchen. Daher gibt es immer einen Wettlauf zwischen diesen Personen auf der einen und der Beschlagindustrie sowie den Herstellern elektronischer Schutzsysteme auf der anderen Seite, die Möglichkeiten der Absicherung und deren Überwindung auszuloten. Es bleibt spannend.
DIN EN 179: 2008-04 Schlösser und Baubeschläge – Notausgangsverschlüsse mit Drücker oder Stoßplatte für Türen in Rettungswege – Anforderungen und Prüfverfahren
DIN EN 1125: 2008-04 Schlösser und Baubeschläge – Paniktürverschlüsse mit horizontaler Betätigungsstange fürTüren in Rettungswegen – Anforderungen und Prüfverfahren
DIN EN 13637: 2015-12 Schlösser und Baubeschläge – Elektrisch gesteuerte Fluchttüranlagen für Türen in Fluchtwegen – Anforderungen und Prüfverfahren
Der Artikel ist im FeuerTrutz Dossier "Türen, Tore, Vorhänge" (Februar 2025) erschienen. Das komplette Dossier ist kostenlos als Download erhältlich.